Reitweisen

Klassisch-iberisch zu reiten – ein Traum für jeden Reiter

Oft werden wir angerufen mit der Frage: “Ich möchte spanisch reiten lernen! Lange genug habe ich mich mit der englischen Reiterei abgequält, das reicht jetzt.“ Da müssen wir dann so manchen enttäuschen. Denn Grundlage jeder speziellen Reitweise, auch der iberischen, ist die klassische Dressur, die Doma Classica, wie der Spanier sie nennt. Natürlich sieht es wesentlich eleganter aus auf einem Barockpferd, wie es der Andalusier bzw. PRE ist, Warum ist das so? Zum einen liegt es am Pferd: Die natürliche Aufrichtung und die hohe Versammlungsbereitschaft durch das typische Exterieur lässt den Reiter besonders entspannt sitzen. Er kann sich dadurch bequemer aufrichten und sich ausschließlich auf die Hilfengebung konzentrieren. Somit stellt sich die Eingangsfrage wesentlich anders: also nicht, “Wie lerne ich spanisch bzw. iberisch reiten”, sondern, “Sind mein Pferd und ich dressurmäßig so weit ausgebildet, dass ich mich für eine der iberischen Reitweisen entscheiden kann”? Wenn das so ist, was ist dann eigentlich der Unterschied zur englischen Reiterei?

Das sportliche Dressurreiten

Zielsetzung ist auch hier das losgelassene Pferd, welches seine Gangarten je nach Ausbildungsstand maximal versammeln oder maximal verstärken kann. Geritten wird in festgelegten Lektionen nach den Richtlinien für Reiten und Fahren Band I und II.
Die Ausbildung richtet sich nach der Ausbildungsskala:
Takt – Losgelassenheit – Anlehnung – Schwung – Geraderichtung – Versammlung
Zur Gymnastizierung des Pferdes hat die Losgelassenheit des Pferdes oberste Priorität, sie beeinflusst auch wesentlich den korrekten Takt der Gangarten. Die Anlehnung ist stetig und folgt der Reiterhand im Annehmen und Nachgeben.Das Ziel ist, dass die Anlehnung vom Pferd gesucht wird und nicht von der Hand erzwungen wird. Und hier befindet sich der Punkt, indem die meisten Missverständnisse liegen.
Wird ein Pferd korrekt geritten, wird es sich niemals auf den Zügel legen, der Reiter fühlt nicht tonnenweise Gewicht in seinen Händen. In der täglichen Erfahrung bei der Ausbildung von Reiter und Pferd stellen wir immer wieder fest, dass das schnelle Erzwingen von Erfolgen bei beiden (Mensch und Pferd) zu Grobheit und Widerstand führt. So kümmert sich der Reiter z.B. immer zuerst um Anlehnung bevor das Pferd überhaupt Losgelassen ist. Das ist zum Teil darin begründet, dass uns grundsätzlich Zeit fehlt. Wie in jedem wettkampfmäßigen Sport benötigen wir schnelle Erfolge. Das mag beim Mensch allein noch funktionieren, jedoch wird ein feines Zusammenspiel von zwei Lebewesen immer seine Zeit brauchen. Wenn sich also ein Reiter wirklich die Zeit lässt, sich korrekt ausbilden zu lassen und seinem Pferd ebensoviel Zeit zum Verstehen der Hilfen lässt, ist die Ausbildung nach der Ausbildungsskala das Maß der Dinge. Hier jedoch zeigt sich der Unterschied zwischen Sport und Kunst. Die Kunst nimmt sich die Zeit, die es braucht und bleibt trotzdem konsequent in den Ausbildungszielen.

Klassisch-iberische Reitweisen

Allgemein gesagt, sind die Reitstile in Spanien genauso unterschiedlich wie in Deutschland. Jedoch ist das Arbeiten mit dem Pferd in Spanien nicht ein bloßer Sport, sondern ein Bestandteil des Lebens und ein wesentliches Stück Kulturgut. Das Reiten drückt sowohl Perfektion und Stolz, wie auch Lebensfreude und Spass an der Bewegung aus. Vielleicht so ähnlich wie der Flamenco. Beides – Tanz und Reiterei – sind unwiederruflich mit Spanien verbunden. Nicht zu vergessen aber auch der Wein, Sherry und ein gute Essen.

Doma Classica

Wir würden sagen: Dressur-Ausbildung in höchster Vollendung, wie in unserer Turnierreiterei. Voraussetzung ist die Versammlung die klassischen Lektionen sind Seitengänge, Traversalen, Piaffe, Passage, Fliegende Wechsel und außerdem der spanischen Schritt/Trab. Sie gilt als Vorbereitung zur Hohen Schule, wie wir sie aus den bekannten spanischen Reitschulen in Jerez und Wien kennen.


Alta Escuela

Bei uns die Hohe Schule genannt, ist heute keine typische iberische Reitweise mehr, sieht man vom Spanischen Schritt und dem Spanischen Trab einmal ab. Die meisten Lektionen auf der Erde sind Bestandteil von Grand Prix – Prüfungen international.

Generell gilt jedoch, dass die Spanier die ersten Reiter waren, welche ihre Pferde in einer entsprechenden Versammlung reiten konnten. Und die Wiener Hofreitschule – das Mekka der Hohen Schule – wurde bezeichnenderweise mit Pferden spanischer Abstammung gegründet.

In dieser Reitkunst sehen wir alle Lektionen der Doma Classica auf der Erde sowie die typischen Lektionen über der Erde wie Levade, Pesade, Kapriole, Courbette etc.

Dass hier ein unbeirrbares Vertrauen des Pferdes in den Reiter vorherrschen muss, braucht man nicht zu erwähnen. Eine besondere Kunst, welche auf die uns bekannten Hilfen verzichtet, ist die Arbeit der Pferde am langen Zügel und zwischen den Pilaren. Für diese Arbeit muss ein Reiter seine Kunst schon sehr gut verstehen, es gibt wenige in Deutschland die dies beherrschen.



Die Doma Vaquera

So wird die Arbeitsreitweise der berittenen Hirten bezeichnet, die bereits im 17. Jahrhundert in Andalusien erwähnt wurde. Hierbei werden die Rinderherden bewacht oder getrieben, einzelne Tiere aussortiert oder die Kampfbereitschaft der jungen Stiere getestet. Ähnlich wie in der Westernreiterei setzt sie sich im wesentlichen aus Schritt und Galopp zusammen und wird einhändig geritten. Wichtige Grundlagen sind dabei Traversalen, Piouretten, schnelle Starts und Stopps im Galopp, Versammlungen und Galoppwechsel. Schnelligkeit und Wendigkeit des Pferdes ist dabei besonders wichtig. Der Zügel spielt in der Hilfengebung nur eine geringe Rolle, der Reiter arbeitet das Pferd mit Gewicht- und Schenkelhilfen. Dazu kommt das Arbeitsgerät der Hirten – die Garrocha – eine drei Meter lange Holzstange, die zum Selektieren der Jungstiere benutzt wird und um die Angriffsbereitschaft zu prüfen. Die Doma Vaquera kann man als rasante Showeinlage auf vielen pferdesportlichen Veranstaltungen erleben. Viele Reiter bei uns träumen von diesem Tanz mit dem Pferd, der Leichtigkeit und der Einheit von beiden. Allerdings – übersetzt in unsere Reiterei – sollte der Reiter, der sich an die Doma Vaquera wagt, Kenntnisse in der Dressur möglichst Klasse M besitzen um die o.g. Lektionen vom Grundsatz her zu beherrschen. Und selbst dann ist es noch ein weiter Weg, denn wir sind es ja üblicherweise nicht gewohnt z.B. fliegende Wechsel auf der blanken Kandare einhändig zu reiten.

Stierkampfreiterei
Hier in Deutschland natürlich nur als Show praktiziert, setzt sich zusammen aus den vorbeschriebenen Reitweisen und speziellen Lektionen. Wird bei uns jedoch nicht praktiziert, daher erlaube ich mir dazu keine Ausführungen.

Ein Bericht von Alexandra Schatz- Gut Drebsdorf

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